Vom Basteltraum zum Obsessionprojekt – wie ein Puppenhaus mein Leben (fast) übernimmt
- Anna

- 17. Juli
- 4 Min. Lesezeit
Als ich den ersten Teil von „Das Puppenhaus“ schrieb, stolperte ich im Netz über ein hinreißendes Miniaturmodell zum Selberbauen. „Ach, das wird ein Klacks“, dachte ich noch naiv und malte mir aus, wie ich es gemütlich an einem regnerischen Wochenende zusammenklöppeln würde. Ein bisschen Holzleim, eine Tasse Tee, melancholischer Jazz im Hintergrund – ihr kennt das Bild.
Die Realität sah etwas anders aus.
Noch bevor das erste Fenster richtig saß, war ich schon zweimal beim Baumarkt meines Vertrauens, hatte die Mitarbeiter im Bastelladen erfolgreich zur Verzweiflung gebracht und verbrachte mehrere Abende in einer Mischung aus Sägemehl, Sekundenkleberdämpfen und still wachsender Verzweiflung. Und das Wochenende? War natürlich längst vorbei. Tatsächlich zog sich der Bau über mehrere Monate – inklusive wutentbrannter Flüche, kreativer Höhenflüge und seltsamer Glücksmomente, wenn ein winziges Detail endlich passte.
Jetzt steht das Modell – oder besser gesagt: mein kleines, besessen zusammengezimmertes Meisterwerk – in der Adventszeit im großen Fenster unseres Altstadthauses. Und ich muss gestehen: Ich liebe es, wie Passant*innen davor stehen bleiben, die Köpfe schräg legen und mit neugierigen Blicken jede neue Drehung der drehbaren Szenen abwarten. Es ist fast wie ein Adventskalender in Miniaturform – nur mit deutlich mehr Fluchen in der Herstellung.
Ich hätte es besser wissen müssen. Wirklich! Kaum hatte ich mit der Fortsetzung der Geschichte um den garstigen Katzentroll Casimir McFarlane begonnen, schwor ich mir: Diesmal keine Miniatur. Keine Nächte mit Kleberfingern, keine eskalierten Baumarktbesuche, kein Nervenzusammenbruch über winzige Fensterrahmen.
Tja. Und dann erteilte ich der Familie Scott den Auftrag, ein viktorianisches Stadthaus mit geheimnisvoller Unterstadt zu errichten – ein Modell, das als Kulisse für allerlei mysteriöse Wesen und düstere Zwischenfälle dienen soll. Eine Bühne für Schatten, Spione und Dinge, die besser nicht durch Schlüssellöcher schauen sollten. Und ganz ehrlich: Wie hätte ich dieses Haus beschreiben sollen, ohne es selbst gebaut zu haben?
Denn, Hand aufs Herz: Nur das, was man selbst gebaut, verflucht und am Ende doch irgendwie geliebt hat, kann man wirklich mit Leben füllen. Also habe ich wieder zur Feinsäge gegriffen.
Und ja – ich fühle mit Arthur und Tom Scott. Dieser Modellbau ist nichts für Zartbesaitete. Es ist ein kleinteiliger Albtraum. Winzige Balken, noch winzigere Fensterläden, ein Fliesenboden in Millimeterarbeit... Ich frage mich ständig, wer eigentlich auf die absurde Idee kam, Miniatur-Ziegelsteine von Hand zu bemalen. (Ach ja, ich war’s.)

Trotz aller Baufrustration wächst das Modell langsam heran – mit versteckten Türen, verwinkelten Gängen und genug Platz für dunkle Überraschungen. Ich versuche diesmal, das gute Stück nicht in die Luft zu jagen, wie das Modell aus Teil eins. Aber wer Casimir McFarlane kennt, weiß: Mit ihm ist nichts sicher. Schon gar keine viktorianischen Stadthäuser.
Mal sehen, wie lange dieses hier stehen bleibt.

Natürlich habe ich den Maßstab wieder nicht beachtet. Ich hab einfach losgelegt. Improvisation ist schließlich auch eine Form von Planung – zumindest rede ich mir das ein. Und trotz der Wuttrampelanfälle und der gelegentlichen Frage, was zur Hölle ich mir dabei gedacht habe, stand es plötzlich da: ein Puppenhaus auf meinem Küchentisch.
Aber hier wird es interessant – denn das fertige Modell soll ins Kinderzimmer von Arthur. Was er noch nicht weiß: Dieses Puppenhaus ist mehr als nur Dekoration. Es ist das Portal in eine andere Welt. Durch seine Türen werden Wesen aus meiner Geschichte treten – gute wie auch ziemlich unheimliche. Und ganz ehrlich? Ich bin genauso gespannt wie ihr, was da noch alles passieren wird.
Ich betrachte mein Werk mit einem gewissen Stolz – und einem Hauch Resignation. Denn fertig ist es natürlich noch lange nicht. Es fehlen: Dachpfannen, Ziegelsteinverblendung, Schornsteine, Innen- und Außenanstrich, Beleuchtung, Kopfsteinpflaster und ungefähr 27 weitere Dinge, die mir nachts um drei plötzlich einfallen.
Ich habe das Gefühl, dieses Puppenhaus wird mich noch eine ganze Weile begleiten – aber genau das macht den Reiz aus. Wer hätte gedacht, dass Miniaturwelten so süchtig machen können?

Was meint ihr – schön geworden? Oder schon leicht wahnsinnig?
Am vergangenen Wochenende bin ich endgültig abgedriftet – in die völlig verrückte Welt des Miniatur-Dachdeckens.
Ich habe Gauben gesetzt (ohne Kran, versteht sich), Dachpfannen mit einer Nagelschere zurechtgeschnippelt (eine Übung in Geduld und Grenzverzweiflung) und dabei geschworen, nie wieder ein schräges Dach zu bauen. Spoiler: Ich werde es trotzdem wieder tun.

What. A. Drama.
Aber – und das ist das eigentlich Unglaubliche – am Ende des Tages stand da tatsächlich ein Dach, das seinen Namen verdient. Ich habe ein kleines, sehr stolzes Richtfest gefeiert – mit mir selbst, einem Pinsel in der einen und einem Weinglas in der anderen Hand.

Und weil ich so wunderbar im Flow war (oder einfach nicht mehr aufhören konnte), habe ich spätabends noch zum Außenanstrich gegriffen.

Ist das cool oder ist das cool? Ihr müsst mir sagen, ob ich übertreibe – aber ich finde, das Wohnhaus kann sich sehen lassen!

Bis auf ein paar winzige Feinarbeiten ist es nun so gut wie fertig. Und jetzt – jetzt beginnt der wirklich spannende Teil: Die Welt unter der Stadt. Dunkle Gänge, verborgene Räume, krumme Treppen, Schatten, die zu leben scheinen… das alles entsteht in den nächsten Tagen (und realistisch betrachtet: Wochen). Natürlich wird es auch schummriges Licht geben – schließlich sollen sich die unheimlichen Gestalten aus meiner Geschichte wohlfühlen.
Erst wenn alles steht – das Oben und das Unten – kann ich das nächste Kapitel für meinen Roman schreiben. Denn ich kann die Welt nur beschreiben, wenn ich sie zuvor erbaut habe. (Leicht wahnsinnig? Vielleicht. Aber genau deshalb wird's gut.)
Was meint ihr – würdet ihr dort wohnen wollen? Oder lieber ganz schnell weg rennen?Schreibt’s mir in die Kommentare – ich freu mich auf eure Reaktionen! Und wenn ihr wissen wollt, wie es weitergeht, bleibt dran oder folgt mir für den nächsten verrückten Miniatur-Moment. 🏠✨








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