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Eine Hexe im Buch

  • Autorenbild: Anna
    Anna
  • 22. Apr.
  • 4 Min. Lesezeit

Seit Tagen laufe ich um meinen Schreibtisch herum und zerbreche mir den Kopf über diese eine Frage:

Was ist, wenn die miesteste Figur von "Das Puppenhaus" einfach so weitermacht?

Rein theoretisch hat dieser Charakter die beste Ausgangsposition: kurz vor dem finalen Ende ausgebrochen und Flucht in die nahen Wälder des Hochmoores.

Vielleicht ist er (Nun ist es raus! Ja, es ist ein „ER“) im Moor versunken?

Nein, er nicht! Das war mir von Anfang an klar. Er ist äußerst intelligent. Selbst kleinste Schwankungen auf dem Moorboden würde er spüren und sie umgehen.


Ein wenig beruhigt es mich, dass er derzeit nicht in der Lage ist, einen größeren Schaden anzustellen. Schließlich ist er kein Mensch mehr, sondern nur ein räudiger… (Ihr wisst es, oder?).

Er wird wütend sein, dass er nicht mehr der ist, der er einmal war. Hunger und Durst stellen für ihn kein Problem dar, hier ein kleiner Hase, dort ein

unachtsamer Frischling, denen er das Fell über die Ohren zieht und dann lediglich die blanken Knochen zurücklässt.


Es ist zutiefst demütigend!

Keine reich gedeckten Tafeln, die, von devot buckelnden Dienern beflissen aufgefüllt werden. Nein, er muss sich wie ein Vieh von anderem Vieh ernähren.

Niemand ist mehr da, der ängstlich zusammenzuckt, wenn er den Raum betritt. Seine Worte hört keiner mehr, sie haben kein Gewicht. Niemand hat vor ihm Angst, außer vielleicht die Tiere des Waldes. Aber was zählt das schon?

Er sinnt auf Rache! Er will sein altes Leben zurück. Aber seine ehemaligen Verbündeten sind nicht mehr da. Er ist auf sich allein gestellt.

Wie kann er seine alte Kraft zurückbekommen und was wäre der Preis dafür?


Genervt starre ich auf den leeren Bildschirm und weiß es auch nicht.

Überhaupt wird es mir gerade zu düster im Hochmoor.


Irgendwer hat mir mal gesagt: „Aufstehen – Strecken, dann kommen die Ideen von ganz allein.“ Gesagt, getan! Ich stehe auf und „strecke“ mich bis zum Fenster.

Mein Blick auf die mittlerweile abendliche Landschaft vor dem Fenster bleibt an der kleinen Brücke über den gestauten Kanal hängen. Auf dem Geländer hocken drei Raben und „unterhalten“ sich. Es hört sich zumindest so an.


Ich weiß, viele Leute mögen diese Vögel nicht. Sie sind ungeheuer laut, hinterlassen ein Chaos beim Durchstöbern der Mülltonnen und bringen zu diesem "Gastmahl" grundsätzlich die komplette, zahlreiche und bucklige Verwandtschaft mit. Nicht schön!


Ich bin trotz allem ein absoluter Fan von diesen klugen Tieren. Sie können sich Gesichter merken und haben für Familienmitglieder und Freunde eigene Stimmlagen.

Und Stimmungen haben sie auch: Glück, Trauer, Beleidigtsein, und so weiter.


Es ist nicht leicht, mit einem Raben Freundschaft zu schließen.

Dazu gibt es ein witziges Experiment, was ich vor einiger Zeit mal ausprobiert habe. Versucht es selber mal und lasst Euch überraschen!


Jeden Morgen, wenn ich aus der Tür trat, warf ich eine Erdnuss auf die Straße. Zugegeben, am ersten Tag kam ich mir ziemlich dumm vor und ich hoffte, keiner meiner Nachbarn hat mich beobachtet. Passiert ist natürlich nichts! Man wirft die Erdnuss, schaut ein paar Sekunden etwas dösig drauf und geht. Das gleiche Procedere und die gleiche (Nicht)Wirkung am zweiten Morgen.

Am dritten Tag saß dann tatsächlich ein Rabe gut sichtbar schräg gegenüber in einem Baum und starrte mich an. Der hatte sicher auch die letzten beiden Tage dort gesessen, nur habe ich ihn nicht bemerkt.

An Tag 4 flog der Vogel auf die Straße – und blieb in ausreichendem Abstand sitzen, ohne meine tolle Erdnuss auch nur anzuschauen. Am fünften Morgen saß der Rabe nicht mehr auf dem Baum, sondern genau an der Stelle,

wo jeden Morgen die Nuss lag. Diesmal wurde sie augenblicklich geknackt.


Am sechsten Tag hüpfte er auf mich zu und bettelte laut krächzend um die „Morgengabe“. So ging es weitere Tage. Inzwischen hatte er sogar schon seine Frau (oder Cousine, wer weiß?) dabei.

Dann kam der Morgen, an dem die Erdnüsse alle waren. Ich hatte die gesamte Wohnung abgesucht – nichts. Die Raben saßen wie immer bereits auf der Straße und begrüßten mich mit einem Konzert. Und ich? Zog schuldbewusst den Kopf ein, murmelte eine Entschuldigung und ging. Schon ein wenig schräg, sich bei Vögeln zu entschuldigen, oder?


Am darauffolgenden Morgen war ich selbstverständlich bestens vorbereitet, trat vor die Tür wie ein Eichhörnchen, mit prall gefüllten Taschen. Doch niemand war da, der eine Erdnuss wollte. Der Rabe saß gut sichtbar in seinem Baum und beachtete weder mich noch den kleinen Berg Nüsse auf der Straße! Er war schlichtweg p... off!

Und es hat tatsächlich mehrere Wochen gedauert, bis er wieder mit mir krächzte und gnädig die Erdnüsse annahm, die ich ihm vor den Schnabel warf.

Also legt Euch einen Nussvorrat in die Stube, bevor Ihr dieses Experiment startet!!


Ich stehe immer noch an meinem Fenster, die drei Vögel sind inzwischen weg, und grinse. In der neuen Geschichte werden auf alle Fälle wieder ein paar Raben dabei sein, und ... ein Hund!? Wie komme ich denn auf diesen Gedanken?



Ein Exemplar von „Das Puppenhaus“ liegt noch auf dem Fensterbrett. Als ich es wegräumen will, blitzt etwas aus dem Buch: eine kleine Hexe. Verwundert schaue ich auf die roten Schuhe.









Und schlagartig sehe ich alles klar vor mir, ich weiß, wo wir im ersten Kapitel sein werden, wer dort die Geschichte eröffnet und ich höre das fröhliche Lachen eines kleinen Jungen. Er heißt Arthur.



Im nächsten Blog nehme ich Euch mit an den ersten Schauplatz. Es wird schön schaurig - schließlich ist am 30.April Walpurgisnacht!



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