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AutorenbildAnna

Die Kunst, mit mir selbst klarzukommen

Ich habe gerade die Kommentare auf meinen letzten Blogbeitrag gelesen. Man weint beim Lesen meiner Texte, ich sei lustig, mache nachdenklich und sei sogar lehrreich. Absolute Warnung an dieser Stelle: NEHMT EUCH BLOSS KEIN BEISPIEL AN MIR! Das kann lebensverkürzend sein!

Aus diesem Grund unterbreche ich den Ritual-Tatort im Ersten und erzähle Euch von meinen letzten Stunden. Also nicht die Phase vor meinem Ableben, sondern die letzten Stunden bis jetzt.

Ich hatte ein wunderschönes Herbstwochenende bei La Mama. Den Samstag bot uns der Regenschauer die ideale Ausrede keinen finalen Herbstschnitt an dem Trompetenbaummonstrum vor und hinter dem Haus vorzunehmen. Ganz im Gegenteil: Unter Zuhilfenahme von einem Glas Sekt, Knabbersachen und gestreamte Lieblingsfilme haben wir den Nachmittag und auch den Abend fröhlich auf unseren Sesseln geschlönzt.

Das hätten wir heute auch gut so weitermachen können, aber irgendwie hat man dann ja ein schlechtes Gewissen sich selbst gegenüber. Also rein in die Klamotten und raus in die Natur.

Unterwegs fällt La Mama ein, dass wir doch bei dem schönen Hofladen vorbeifahren können - ihr Öl zum "Ölziehen" (ich mach so was Verrücktes ja nicht) wäre alle.

Sehr wahrscheinlich war ich noch nicht ganz wach, oder im Hier und Jetzt, egal, wir haben uns erfrischend verfahren! Immerhin haben wir so knapp die Hälfte von Mecklenburgs Seitenstraßen kennengelernt. Wenn Ihr jetzt lacht, überlegt mal, wie viele von diesen Rumpelwegen Ihr kennt. La Mama und ich waren auf mindestens 80% von denen unterwegs.

Schlussendlich haben wir diese Biooase gefunden und das Öl ebenfalls. Der Verkäufer, so eine Art Teenager-Spätlese in Bioqualität, ging mir allerdings ziemlich auf die (Bio)Zwiebel. Der hatte ein Sendungsbewusstsein, wie der aktuelle Papst. Die ganzen Details aus seinem Leben, vom morgendlichen Frühstück und weitere Ferkeleien wollte ich Ü-B-E-R-H-A-U-P-T nicht wissen!! Vielleicht sollte ich ihm eine E-Mail mit der Adresse meines Friseurs schicken, dann hat er jemanden zum quatschen. Andererseits wäre mein Marko dann ratz-fatz reif für die Frührente. Das wäre blöd! Ich brauche den schließlich noch für meine Frisurkompromisse.


Nach Öl und Quatscherei waren wir reif für den Strand. Ab an die Ostsee und (es war bereits Nachmittag) ein eiskalter Wein zur warmen Herbstsonne am Wasser. Ja nee, wir wollten gar keinen Alkohol, aber die Bedienung hat mich nicht verstanden. Laut und deutlich habe ich Weinschorle bestellt. Frage: Du mains Bugunda? Meine Antwort: Egal, Hauptsache Trocken und mit Sprudel drin. Immerhin, "Bugunda" war im Glas.

Das mit dem Sprudel üben wir noch.




Kleiner Höflichkeitsbesuch bei unseren backenden Gutshausfreunden musste dann auch noch auf die Tagesordnung. Falls es Euch mal nach Mecklenburg treiben sollte, fahrt unbedingt auf einen Abstecher nach Niendorf (zwischen Wismar und Schwerin) und esst alles auf, was Marcus aus dem Herd holt - megalecker!!



Endlich zu Hause muss ich erstmal auf die Couch. Ich bin vollgefressen, bis zum Platzen hochachtungsvoll mit Torte und rechtschaffen müde nach der frischen Luft.

Aber nein, eine Pause ist noch nicht drin, es müssen noch die Frühstücksbrote geschmiert werden, die Kaffeemaschine braucht Filter und Wasser und der Salat für die morgige Mittagspause steht auch noch knackig im Balkonbeet.


Der Salat ist schnell geflückt! Als ich die restlichen Zutaten aus dem Gemüsefach sammeln will, bemerke ich, dass sich dieser bösartige Kühlschrank selbst aufgetaut hat. Das macht er manchmal, wurde ihm schließlich so einprogrammiert, aber noch nie (ich schwöre: NOCH NIE) hat der sich so was von abgetaut, dass mir das Wasser entgegenläuft.


Erstaunt stelle ich fest, wie flink ich mit meinen müden Füssen und vollem Bauch durch die Wohnung hechte: ins Bad, einen kleinen Eimer holen, an den Wirtschaftsschrank, alle Putzlappen rausreißen und dann... wischen, wischen, wischen! Kurz bevor ich, komplett im Putzmodus, den Wischlappen im Waschbecken auswringe, bemerke ich den Salat, der sich in der Spüle im klaren Wasser freischwimmt. Kommando zurück, Wischlappen über dem Eimer auswringen - und das Wasser läuft aus dem Kühlschrank - ISCH DREH DORSCH!!!



Der Kühlschrank ist endlich leer, dass Wasser glänzt auf dem Fliesenboden und ich bin mir sicher, so viele Wischlappen habe ich nicht. Aber da gibt es ja noch diesen wundervollen Fensterputzer im Wirtschaftsschrank. Was auf Glas vertikal funktioniert, kann auf Fliesen horizontal nicht verkehrt sein. Gut, dass mich niemand sieht. Immerhin schlürft dieses Gerät alles Wasser weg.


Nun aber an den Salat! Ich greife zu dem Messer über der Spüle, bleibe an etwas hängen - es ist die leere Weinflasche, die dort seit Tagen vor sich hin trauert.


Ich habe mal gelesen, dass der Mensch in Ausnahmesituationen über sich hinauswächst. Ich lerne innerhalb von Sekunden zu jonglieren, denn nicht nur die Weinflasche, auch die Stahlverschlusskappe, eines der Schneidebretter und zu meinem Entsetzen, eines der großen Messer fliegen auf mich zu.

Mitten in das Getöse klingelt es an der Haustür. Nein, nein, nein!!!

Es ist die blutjunge und nagelneue Nachbarin aus dem zweiten Stock. Ob sie sich mal an meinem WLan bedienen könnte. Ich habe einfach gerade keine Zeit, mir darüber Gedanken zu machen, drücke ihr den Code in die Hand und stürze mich todesmutig in die Küche.




Herrjeh! Man glaubt es kaum, aber der Salat ist fertig, die Frühstücksbrote auch und die Kaffeemaschine kann morgen früh pünktlich die Bohnen mahlen.





Mit Erschrecken fällt mir mein Schreibtisch ein, Bestellung, Rechnungen, Abgleich mit dem Bankprogramm. Letzteres krönt meinen Sonntag. Ich brauche ein neues Passwort. Kein Problem, aber warum heute? Ein neues Passwort ist schnell gefunden und verlangt den Abgleich mit einer Sicherheitsapp. Das ist eigentlich sehr einfach, nur dass man für diese App ein weiteres Passwort, von der Bank vorgegeben, benötigt: 20 Zeichen im fröhlichen Durcheinander von Buchstaben, Zahlen, Groß- und Kleinschreibweise. Nach dem finalen Drück auf Enter bekomme ich den Todesstoß - ein lieber Hinweis an den geschätzten Kunden, doch dieses Passwort endlich mal anzupassen.

Ich habe keine Lust mehr auf meine Couch, den Tatort kannste eh vergessen und überhaupt haben mich die letzten Stunden sehr geschafft - ich gehe in mein Bett!


50 Ansichten3 Kommentare

3 Comments

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Guest
Sep 30, 2024
Rated 5 out of 5 stars.

Was auch immer, aujf jeden Fall hübsch launig und unterhaltsam. Es sollte keine Gefahr bestehen sich negativ beeinflussen zu lassen, es gibt keine Veranlassung! Also mach ruhig weiter so. F&E aus BUX😊😍

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Anna
Anna
Sep 30, 2024
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Danke Euch :-)

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Guest
Sep 30, 2024
Rated 5 out of 5 stars.

Meine Liebe Anna, sieh es so - der nächste Sonntagabend kann nur besser werden. Ich weiß dir war ganz sicher nicht zum lachen zumute, deine Geschichte war wieder aber super lustig.😘

LG B

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