Seit Wochen klebt diese Einladung zu einem 60ten Geburtstag an meinem Kühlschrank. Ja, ja, auch die Nachbarschaft wird älter!
Damit sich die werten Gäste keine Gedanken bezüglich unnützer und teurer Geschenke machen müssen, wird sich "eine Kleinigkeit fürs Büfett" gewünscht.
Ziemlich gefährlich, wenn man mich fragt. Schlimmstenfalls bringen alle eine Schüssel Kartoffelsalat mit. Kurzer Spoiler: Diese Gedanken scheinen sich alle (Eingeladenen bzw. Gekommenen) gemacht zu haben - auf dem Büfett stand nicht eine Schüssel Kartoffelsalat!
Natürlich gibt es von mir auch etwas aus der Küche, ABER etwas "nebenbei" muss auch sein. Also - ab ins Städtchen!
Erster (äußerster unfreiwilliger) Stopp an einem Billigladen. Ich werde von Santa Clause und seiner Frau, Mary Christmas, begrüßt.
WIR HABEN SEPTEMBER, LEUTE!! Ich rege mich schon über Spekulanten und Lebkuchenherzen im Eingangsbereich der Supermärkte im August auf, aber diese beiden, fast lebensgroßen Figuren toppen alles! Gleich dahinter grinsen mich Gerippe und Totenköpfe an - Halloween ist ja auch bald und noch VOR Weihnachten. Daneben -voll verrückt - steht eine Bslkonsitzgruppe. Bei den derzeitigen Temperaturen ist es eine Überlegung wert.
Ich verstehe es nicht.
Wann hat man das Warten und die Vorfreude abgeschafft?
Und bitte wann wurde festgelegt, dass sich die Weihnachtsfreude bereits im August/September auszubreiten hat? ADVENT = Vorbereitung! Reichen dafür die vier Wochen nicht mehr aus?
Ich bin in einer Zeit aufgewachsen, als die Läden in der Woche um 18 Uhr und am Samstag spätestens um 12 Uhr geschlossen waren. ADVENT und WEIHNACHTEN wurde damals noch strategisch und äußerst schön vorbereitet.
Na gut! Heute sind die Läden länger auf und alle brauchen mehr Zeit (quasi ab August) um sich auch Weihnachten vorzubereiten.
Einigermaßen vorgegrummelt betrete ich den Laden. Warum, weiß ich gerade nicht mehr. Ein kleines Mädchen läuft vorbei und brüllt: "Mama! Die haben hier dreigeteilte Federtaschen." Ich habe keinen Bedarf an Federtaschen, aber bin einigermaßen neugierig und laufe dem Kind hinterher. Alle Achtung! Diese Federtasche hätte mich in dem Alter auch abgeholt.
Zwei, drei andere Sachen tuen es ebenfalls und so stehe ich in der Schlange quer durch den Laden, um die Dinge aus diesem Leben bezahlen zu können.
Die arme Maus an der Kasse hat enorme Schwierigkeiten mit dem Gerät. Nichts funktioniert! Nach gefühlten drei Stunden bin ich an der Reihe und lächle geduldig über die verzweifelten Versuche hinweg, die Ware - MEINE Ware, einzuscannen. Geklappt! Ich zücke meine Karte und... klappt nicht. Die Dame an der Kasse ist kurz vor einem Weinkrampf und entschuldigt sich zich mal. Ich lächle weiter und hoffe, gegen dieses Kassenungetüm zu gewinnen. Die Kassiererin gibt als Erstes auf. "Määäändiiieeee!" schreit sie quer durch den Laden. "Karte geht nisch!" Bitte? Meine Karte geht! Das Problem sind Kasse und Bedienung.
Kurz vor Sonnenuntergang funktioniert beides und ich latsche mit meinem Einkauf weiter. Große Lust auf Shopping habe ich nicht mehr, doch ein paar Lebensmittel müssen noch sein. Also rein ins Gewühl, ab in den Korb und an die Kasse. Vor mir steht eine junge Frau, im Wagen Einkäufe und ein kleines Mädchen. Ein süßes Kind! Zumindest, solange es das versprochene Ü-Ei in den drallen Händen hält. Bevor sich die Kleine das Ei komplett in den Mund stopft, nimmt Mama das Ei an sich, packt die Waren vom Kassenband ein und ... das Kind schreit. Klar! Hätte ich auch getan, wenn man mir die Überraschung geklaut hätte.
Ich übe mich in Geduld. Gleich ist alles eingepackt und alles ist gut. Schöner Gedanke - leider nur ein Wunschgedanke. Die EC-Karte der Dame funktioniert nicht und diesmal wirklich nicht. Die Mama versucht jede Nummer, nach dem dritten Versuch macht die Karte oder das Gerät ? dicht. Das Kind schreit - schließlich ist das versprochene Ü-Ei immer noch nicht in Reichweite. Hinter mir steht ein Einkaufswagen, ebenfalls mit einem kleinen Kind, ein hübscher Junge, drin. Er heult aus Solidarität mit. Mir reichts! Ich packe meine Sache und wechsele die Kasse.
Hier klappt alles und ich atme nach einer langen, stressigen Weihnachtszeit im September, vor dem Einkaufscenter tief ein.
Natürlich habe ich ewig überlegt und mich durch Google, Chefkoch & Co bezüglich einer "Büfett-Bereicherung" gesucht. Schlussendlich bin ich in einer Art Junge-Frauen-Haushalt-Forum hängen geblieben. Zu den Rezepten gab es sogar ein Erklär-Video, die Zutatenliste war überschaubar und der Aufwand schien sich auch in Grenzen zu halten.
MONKEYBREAD & UPSIDE DOWN
Auch dem dümmsten Rezept stehen exotische und/oder mindestens englischsprachige Bezeichnungen gut. Hier mal für alle die Lösung: Monkeybread sind Kugeln aus Pizzateig, die um einen Käsewürfel gerollt sind und gemeinsam mit 50 weiteren Kugeln in einer Kuchenform zum Brot zusammenbacken.
UPSIDE DOWN
sind kleine Blätterteigstücke mit Tomate und Mozzarella (was habt Ihr denn geglaubt?).
Kochen für Freunde ist absolut meine Challenge. Ich bin hochmotiviert und gebe alles!
Ein paar notwendige Änderungen an Ablauf und Zusammensetzung später, drängte dann doch die Zeit. Mit einem Auge auf die Uhr, dem anderen auf Teig und Zutaten, rolle ich, was das Zeug hält.
Wie groß müssen eigentlich diese Kugeln sein??
Sehr wahrscheinlich bin ich seit dem Wochenende amtierende Weltmeisterin in der olympischen Küchendisziplin: Pizzateigkugeln.
Letzte Kugel in die Form - zack in den Ofen - 20 Minuten später - kurze Abkühlung - zack Brot geht nicht aus der Form - aaaaaarrrhhggg!!
Laut der Beschreibung ist es eine Art Fingerfood. Das kann man doch auch aus der Form pulen!
Ich schließe genervt die Augen und sehe eine Gruppe evangelisch und entspannt lächelnde Endzwanzigerinnen .Tief durchatmen! Ich habe eh wenig Zeit, mir darüber Gedanken zu machen, da ich inzwischen mit Blätterteigstücken an Tomate kämpfe.
Die angegebene Honigmenge ist etwas zu hoch und ich zwinge diesen Klebkram vom Blech auf die Servierplatte.
Gut, dass ich die Kuchenform, in der das Monkeybread feststeckt, von der Nachbarin geliehen habe, die auch zu dem Geburtstag eingeladen ist, gerade in der Whatsapp-Nachbarschaftsgruppe nach Petersilie bettelt und sich die Form vom Geburtstagskind zurückholen kann.
Küche dreckig, alles fertig, ich auch!
WARUM habe ich nicht einfach fünf Pizzen gekauft?
Eigentlich wollte ich toskanische Pici mit Ragu machen. Aber welches Superhirn kann bitte diese Handschrift lesen.
Fazit: Der Geburtstag war mega mit vielen fröhlichen Gesprächen über die gute alte Zeit! Das Büfett war der Kracher - kein Kartoffelsalat, dafür viele interessante Gerichte (ich hoffe, alle haben genauso dafür gelitten, wie ich).
Das Geburtstagskind war mordsentspannt. Kunststück! In der Küche haben ja die Gäste gestanden und nicht die Hauptperson, bei der die Party stattfand.
Liebe Petra, wenn Du nächstes Jahr wieder Geburtstag feierst, bin ich dabei!!
Kurz vorm Ende dieses Blog kam die beste Nachricht des Monats rein: Eine gute Freundin hat ihre (hoffentlich) letzte Krebs-OP sehr gut überstanden. Ich weine vor Erleichterung und drück Dich, meine Liebe!
Wie immer, lustig,lehrreich, nachdenklich, ich genieße deine Geschichten
Herrlich, ich lese deine Sachen sooooo gern 😂. Übrigens nehme ich erst Blickkontakt mit Spekulatius, Dominosteinen etc. Ende November auf! LG B
ich habe mit Vergnügen Dein Chaos gelesen , ich bin ja auch nicht betroffen 😂🤣
Meine Liebe, erst kamen mir die Tränen vor Lachen. ( Ich erkenne mich so wieder😂)
Und beim letzten Satz liefen sie mir dann vor lauter Rührung 💖 danke dir so sehr fürs Daumen drücken und mitfiebern 🍀bis bald auf Hiddensee 🙋🏼♀️
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